Dienstag, 15. September 2020

Frust auf den Kanaren

 Spaniens Untätigkeit provoziert Angst und einen Rechtsruck auf den Kanaren

Die Kanarischen Inseln sehen sich mit zunehmenden Migranten-Ankünften allein gelassen. Die Regierung in Madrid zögert statt zu helfen. Die Untätigkeit könnte ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen.

Seit Freitag läuft eine große Umsiedlungsaktion von rund 400 Migranten auf Gran Canaria. Der Präsident der Kanarischen Inseln, Ángel Víctor Torres, machte sich vor Ort ein Bild der Lage. Genau das erwarten die regionalen Politiker auch vom Migrationsminister aus Madrid. Doch der sagte seinen Besuch kurzfristig ab. Die Kanaren fühlen sich allein gelassen.

José Luis Escrivá ist Minister für Inklusion, soziale Sicherheit und Migration im Kabinett von Regierungschef Pedro Sánchez. Was derzeit auf den Kanarischen Inseln geschieht, ist zentraler Bestandteil der Aufgaben des Ökonom. Genauso wie Repräsentationstermine. Beides wäre auf Gran Canaria dringend nötig. Und entsprechend hatte sich Escrivá auf der Kanaren-Insel angekündigt. Erschienen ist er jedoch nicht.

Sonntagnachmittag kam erneut ein Boot an. Diesmal waren drei Migranten an Bord. Gegen 18.30 Uhr wurden die Hilfesuchenden zum Arguineguín-Pier gebracht. Es ist ein Vorgehen, das längst Routine geworden ist. Denn dort warten bereits Hunderte weitere Migranten.

Allein am Wochenende sollten rund 200 von ihnen umgesiedelt werden, um die provisorischen Lager am Hafen zu entlasten. Denn während am Freitag die Umsiedlung startete, erreichten schon am Samstag 57 weitere Personen die Insel. Zusammen mit der kleinen Patera von Sonntag rückten also bereits 60 Neuankömmlinge nach.

Seit Anfang des Jahres hat die Zahl der Boote wieder zugenommen. Die Regierung der Kanarischen Inseln richtete immer wieder Hilfsersuchen nach Madrid. Doch wirkliche Unterstützung kam bisher nicht an. Als dann endlich der Besuch des Migrationsministers angekündigt wurde, machte sich vorsichtige Erleichterung breit. Immerhin werde man endlich gehört, lautete der Tenor.

Doch die Freude kam zu früh. Denn kurz vor dem Besuch des Ministers am 9. September folgte die Absage. Er werde auf die Kanarischen Inseln reisen, um sich vor Ort aus erster Hand ein Bild der Situation zu machen, sobald sein Zeitplan dies zulasse, ließ Escrivá mitteilen.

Die Enttäuschung war groß. Doch Torres reagierte staatsmännisch. Der Kanaren-Präsident sprach von „tiefem Unwohlsein“. Zu groß ist die Sorge, die zaghafte Handreichung aus Madrid zu gefährden. Deutlicher wurde daher ein anderer: „Er war nicht in der Lage, eine humanitäre Antwort zu geben, und jetzt sagt er, dass er kommen wird, wenn er Zeit hat. Das ist völlig inakzeptabel“, sagte der Abgeordnete der Partei Nueva Canarias im Kongress, Pedro Quevedo.

Torres probiert es unterdessen weiter diplomatisch. Der Politiker rief die Vizepräsidentin der Regierung, Carmen Calvo, zur Hilfe auf. Die „Unhöflichkeit“ des Ministers belaste das Verhältnis zwischen den Kanaren und Madrid zusätzlich, hieß es. Und während der Disput zwischen regionaler und zentraler Regierung schwelt, warten Hunderte Migranten und Tausende Anwohner auf eine Lösung.

 

Auf Fuerteventura droht dieses Abwarten bereits in Frust umzuschlagen. Denn dort wurden zuletzt Migranten in Hotels umgesiedelt. Aufgrund der Corona-Situation stehen diese ohnehin leer. Doch die Tourismus-Branche sorgt sich um das Image der Insel. Bei einem Treffen zwischen Tourismusvertretern und lokaler Politik wurden Sorgen ausgetauscht und Situationsanalysen durchgeführt. Ein echtes Ergebnis steht jedoch aus.

Genau das bereitet der regionalen Regierung Unbehagen. Das Zögern aus Madrid sorgt für Auswüchse verschiedenster Art. Die ungewohnte Schärfe, mit der Anfang August in Tunte auf Gran Canaria gegen die Verlegung mehrerer Migranten vorgegangen wurde, war bereits ein erster Vorbote dessen, was den Kanaren droht, wenn Spanien keine Lösung für die zunehmende Einwanderung findet.

Die Proteste von Tunte hatten in ihrer Schärfe für Verwunderung gesorgt. Aus Madrid mögen sie wie ein Strohfeuer im Hinterland einer der Inseln abgetan worden sein. Doch Torres‘ „Unwohlsein“ dürfte in mehr als nur der Absage des Migrationsministers begründet sein. Beispielsweise in der Aussicht auf durch politische Untätigkeit provozierte Fremdenfeindlichkeit auf dem Archipel.

Quelle Teneriffa News  

 

Ich kann den Ärger und die Wut auf Madrid nachvollziehen, denn nicht nur in dieser Situation sind die Kanaren schon öfters allein gelassen worden, und es wurden Entscheidungen von Madrid getroffen welche für Insulaner nicht akzeptabel sowie unverständlich sind. 

 


7 Kommentare:

  1. ach Nova, die Situation ist weltweit frustrierend. Ohne das Miteinander geht es einfach nicht.

    Liebe Grüße von Heidi-Trollspecht

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    1. ...und wenn ich mitbekommen das nun auch in Griechenland in einem zweiten Lager Feuer ausgebrochen war. Das macht jetzt die Runde wo sie von dort alle nach D. wollen. Kapieren sie es nicht das es weltweit nicht so doll aussieht, gerade in der Corona Zeit. OK, dort gibt es auch viele Familien wie man sehen kann.....hier kommen überwiegend nur junge Männer an. Vor allem ärgert es zudem wenn durch sowas die Zahlen hochgehen und von anderen Ländern ein Risikogebiet ausgesprochen wird. Hier geht alles den Bach runter.

      Gestern musste ich durch Puerto...boa, was für ein Frust wenn man all die geschlossenen Hotels sieht und auch an das Personal denkt...

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  2. Die Welt im Krisenzustand liebe Nova, so empfinde ich
    das. Hilflos steht dir Mehrheit der Menschen dem Geschehen
    gegenüber. Die Verantwortlichen der Regierung entscheiden
    nicht immer richtig oder lassen das Volk in Stich. Dass es
    dadurch zu gefährlichen Situtaionen kommen kann durch den
    Frust ist leider möglich. So viele im Zaum der Vernunft zu
    halten ist eigentlich schier unmöglich. Ich denke die
    Politiker fühlen sich überfordert und sehen keinen klaren
    Weg der Entscheidungen vor sich, das Glashaus bricht
    zusammen. So kann man nur auf ein Wunder hoffen, dass das
    Leben wieder auf die richtigen Bahnen lenkt.
    Liebe Grüße zu dir, Lissi

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    1. Ich bin überzeugt das noch mehr zusammenbrechen wird, leider. Gut schaut es nicht aus^^

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  3. Es ist einfach eine Teufelspirale. Zu viele Flüchtlinge an einem Ort egal ob in Deutschlands Städten oder auf Inseln in Lagern sind problematisch. Nur eine Verteilung, ob nun gerecht oder nicht, bekommen die Politiker nicht hin. Durch Korruption und Diktaturen in den Herkunftsländern der Flüchtlinge versickern schon seit Jahrzehnten die Gelder und Hilfen, die eigentlich dafür bestimmt waren den Menschen Schulbildung, Ausbildung und dadurch in kleinen Rahmen etwas Unabhängigkeit zu bringen. Aber auch unsere Händler müssten mehr Sensibilität für die Waren entwickeln, die sie nach Afrika exportieren. Nicht zuletzt trägt auch die Kirche eine Mitschuld an der Migration.
    So lange sich niemand traut mal kräftig aufzuräumen und die Ursachen bekämpft wird es auf lange Sicht wohl leider keine Entspannung geben.
    Ich kann den Frust total verstehen, auch wegen Corona. Hoffe, es wird noch eine tragbare Lösung geben.

    Liebe Grüße
    Arti

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    1. Genau so ist es...die Ursachen bekämpfen und dann sollte die Menschen ihr Land wieder aufbauen. Selbst wenn sie, wie sie teilweise alle wollen, nach D. kämen...was erwartet sie dort.

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  4. Das ist ja auch das Traurige das in den deutschen Medien davon nie berichtet wird. Es ist hier schon immer ein großes Problem gewesen aber in diesem Jahr besonders schlimm mit den Pateras.

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